Geballtes digitales Fachwissen: v.l.n.r. Tomas Menthe, Dr. Arwed Schmidt, Moderatorin Caroline Voit, Dr. Anna Christmann, Susanna Tausendfreund, Gilbert Hödl, Helmut Mangold
`Kommunale Daseinsvorsorge´ – mit diesem Begriff verbindet man traditionell gemeindliche Dienstleistungen wie Wasser- und Energieversorgung, Entsorgung oder auch öffentlichen Nahverkehr. Pullach jedoch denkt schon weit über diese klassischen Aufgaben hinaus. Über ihre einhundertprozentige Tochtergesellschaft Innovative Energie für Pullach (IEP) hat die Isartalgemeinde nicht nur eine hochmoderne geothermische Wärmeversorgung geschaffen, sondern plant auch eine umwelt- und klimafreundliche Stromversorgung und will nicht zuletzt auch im zukunftsträchtigen Bereich Digitalisierung vorne dabei sein. „IEP steht für erfolgreiche Geothermiewärme, aber das ist bei weitem nicht alles was sie kann“, so IEP-Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Andreas Most.
Der Kongress `Kommunale Daseinsvorsorge im digitalen Wandel´ im Pullacher Bürgerhaus, veranstaltet von der IEP, zeigte die vielfältigen Chancen, die sich Kommunen, Privatleuten und Unternehmen in diesem Bereich bieten. Rund 150 Besucher informierten sich durch Kurzvorträge verschiedener Referenten und an Informationsständen über Themen wie die Stärkung des lokalen Handels durch Digitalisierung, fahrerlose Shuttlebusse, Carsharing, Smartphone-basierte Zugangssysteme oder auch LoRa-Netze
Experimentierräume als Starthelfer
„Alexa, wie kann ich meine Stromrechnung um 15 Prozent senken?“ Mit
dieser fiktiven Frage an die beliebte digitale Assistentin aus seinem
Unternehmen wies Referent Thomas Menthe von Amazon Web-Services auf
mehrere wichtige Aspekte des digitalen Wandels hin, zum Beispiel
Kosteneinsparung, Nachhaltigkeit und mehr Effizienz auch bei
„klassischen“ Techniken.
Digitalisierung ist jedoch nicht nur eine Frage der Technik, sondern
auch eine Frage der politischen Rahmenbedingungen und der Kultur einer
Gesellschaft. Die Bundestagsabgeordnete Dr. Anna Christmann, Sprecherin
der Grünen für Innovations- und Technologiepolitik, forderte, die
ökonomische Entwicklung des Sektors `Künstliche Intelligenz´ müsse sich
die Ökologie als oberste Priorität setzen. Außerdem seien
„Experimentierräume“ nötig, um neuen Entwicklungen einfache
Startmöglichkeiten und kontinuierliche Verbesserung in der Praxis zu
ermöglichen. Vor allem müssten Neuerungen „von Anfang an für die Nutzer
hilfreich sein, um die notwendige Akzeptanz zu erreichen“, wie Dr. Arwed
Schmidt vom Unternehmen Easy Miles mit Bezug auf fahrerlose
Shuttlebusse verlangte.
Podiumsdiskussion: Großer Konsens zu Zukunftsfragen
In der Podiumsdiskussion nach den Experten-Statements, professionell
moderiert von Gemeinderätin Caroline Voit, zeigten sich die Referenten –
ergänzt durch Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund und
IEP-Geschäftsführer Helmut Mangold – weitgehend einig über die
Notwendigkeiten und Chancen, die der digitale Wandel für alle
Beteiligten mit sich bringe. Tausendfreund sagte, Pullach würde sicher
als Experimentierraum für einzelne Neuerungen geeignet sein und auch
bereit stehen. Große Hoffnungen auf die Digitalisierung setze sie vor
allem im Bereich der Mobilität. „Der Nutzen für die Gemeinde muss aber
im Vordergrund stehen, es darf keine Technik zum Selbstzweck sein“, so
Tausendfreund, „und alle technischen Angebote müssen einfach zu bedienen
sein, um möglichst alle Menschen mitzunehmen.“
Mobilität bewegt auch die anderen Podiumsteilnehmer. „Wir produzieren
mit riesigem Arbeits- und Ressourcenaufwand Millionen von Fahrzeugen,
die dann den größten Teil des Tages stillstehen. Eigentlich handelt es
sich um Stehzeuge“, so Arwed Schmidt in seinem Plädoyer für
automatisierten Nahverkehr. Gilbert Hödl, Vorstands-vorsitzender von
Tapkey, zeigte sich hinsichtlich der Einführungschancen für neue
Technologien optimistisch: „Neuerungen sind größtenteils eine
Gewöhnungsfrage. Wer den Nutzen einmal erlebt hat, liebt solche Dinge
dann in der Regel.“
IEP: Vom Wärmeversorger zum breit aufgestellten kommunalen Dienstleister
„Auf die IEP kommen von verschiedenen Seiten neue Herausforderungen zu,
die wir gerne annehmen und zum Vorteil der Pullacher entwickeln wollen“,
so IEP-Chef Helmut Mangold. Im Zusammenhang mit der anstehenden
Rekommunalisierung des Stromnetzes werde die IEP den Messstellenbetrieb
übernehmen und zusammen mit dem künftigen Angebot eines eigenen
Regionalstromproduktes und Smart Home Lösungen böten sich viele
Synergien an Besonders freut uns die positive Resonanz und die große
Unterstützung von Politik und Bürgern für unsere Initiativen.
Digitalisierung als Bildungsthema
Einen angenehmen Nebeneffekt haben die Zukunftspläne der IEP auch für
Schüler des Pullach Otfried-Preußler-Gymnasiums. Im Rahmen des Programms
business@school wird eine Gruppe Geschäftsszenarien für
LoRa-Anwendungen untersuchen. Bei ihrer Projektarbeit werden die
Schüler, die ebenfalls aufmerksam dem Kongress folgten, von der IEP
gecoacht und präsentieren ihre Arbeit anschließend einer namhaften
Unternehmensberatung.
Autor: Dr. Norbert Baumgärtner